Den Anfang unserer diesjährigen Sichtweisenreihe machte das hamburgweite Unterstützungsnetzwerk Sisters Network am Abend des 24. Oktober im Gemeindesaal der Heilandskirche. Die jungen geflüchteten Frauen gaben zusammen mit Initiatorin Stephanie Landa interessante Einblicke in das Konzept des seit März 2018 laufenden Projekts. Unter dem Motto „Begegnen, Erleben, Stärken“ soll jungen Frauen mit und ohne Migrationshintergrund hier die Gelegenheit eröffnet werden, sich in vertrauensvoller Atmosphäre über Erfahrungen auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und ein gemeinsames Unterstützungetzwerk in der meist schwierigen Übergangsphase von Schule zu Beruf bzw. Studium aufzubauen. Dazu treffen sich die jungen Frauen zu wöchentlich stattfindenden Gesprächsrunden, in denen sie über alltägliche Geschehnisse, Lebensprobleme und Beobachtungen, individuelle Ängste und Stärken sprechen. Zusammen mit den gemeinsamen Besuchen von berufstätigen Frauen („role models“) in verschiedenen Jobbranchen, kulturellen Veranstaltungen und gemeinsamen Freizeitaktivitäten zählen diese regelmäßigen Treffen zu einer der tragenden Säulen des Sisters Network.

Die Stühle im Gemeindessaal werden zu einem Kreis zusammengeschoben, zusammen mit den Vortragsbesuchern wird ein solch wöchentliches Treffen nachgespielt. Jede*r ist angehalten, die letzten Wochen im Kopf durchzugehen. Besondere Momente, die hängen geblieben sind, Situationen,die Kraft gegeben oder eine Entscheidung abverlangt haben oder in irgend einer anderen Weise aus dem gewöhnlichen Alltag herausragen, für die anderen zusammenzufassen. Die im Gespräch geteilten Inhalte lassen automatisch näher zusammenrücken, denn es verlangt eine gehörige Portion Mut ab, vor anderen über persönliche Eindrücke wie diese zu sprechen. Und darin liegt eben auch der Sinn: Empowerment zu schaffen, sich zusammen eigene Stärken und Fähigkeiten bewusst zu machen und im gegenseitigen Austausch die Anteilnahme der anderen zu spüren. Sich gehört und aufgehoben zu fühlen, Anerkennung zu erfahren. Gerade in der Jugendzeit eine nicht nur für geflüchtete Frauen unerlässliche Erfahrung.

Jedoch kommen für junge geflüchtete Frauen zusätzliche Beschwernisse und erschwerende Umstände zu diesem Entwicklungsprozess hinzu. Die Kontaktaufhnahme mit einheimischen Jugendlichen gestaltet sich durch eine Vielzahl von Faktoren schwieriger. Von der Belastung mit traumatischen Erfahrungen in den Herkunfstländern/auf der Flucht, über Sprachbarrieren und unterschiedliche Rollenerwartungen, mit denen sie sich hier konfrontiert sehen bis hin zu einer Segregation im Schulbetrieb, siehe die „Ausbildungsvorbereitung für Migranten“-Klassen oder im Wohnen durch die Unterbringung in zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen. Der Kontakt mit einheimischen gleichaltrigen Jugendlichen erfährt dadurch leider große Einschränkungen. Die „Big Sisters“ im Unterstützungsnetzwerk versuchen durch ihre ehrenamtliche Arbeit auch Kontakte zu Freundeskreise herzustellen und Bekanntschaften mit Gleichaltrigen außerhalb  zu fördern.

Der nächste Vortrag im Rahmen der Sichtweisenreihe findet am 14. November um 19:30 Uhr im Goldbekhaus statt. Dann mit dem Thema „Sichtweisen: Frauen und Migration: Lesbische, Bisexuelle, Trans* und Inter* Personen mit Fluchtgeschichte.“

Zu Gast: Eva Burgdorf von den Refugee Sisters, den kulturellen Beitrag liefert das Duo A Quadrat.