Am 28. November haben wir die diesjährige Sichtweisenreihe mit einem informativen Vortrag von Wissenschaftlerin Eva Markovsky über die Arbeitsmarktintegration migrantischer sowie geflüchteter Frauen in Deutschland abgeschlossen. Eva ist seit 2016 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät Sozialökonomie der Uni Hamburg beschäftigt. Sie promoviert mit einer Abhandlung über kulturell bedingte Einflüsse auf den Zugang zum Arbeitsmarkt.
Zum besseren Verständnis der Arbeitssituation von Frauen mit migrantischen Hintergrund sollte zuerst ein aufmerksamer Blick auf die Arbeitsmarktintegration von Frauen im Allgemeinen geworfen werden. Die Gender Pay Gap ist eine offensichtliche Benachteiligung, mit der sich weibliche Arbeitnehmer*innen (mit und ohne Migrationshintergrund) in der Arbeitswelt nach wie vor konfrontiert sehen. Weiterhin arbeitet ein prozentual weit höherer Anteil von Frauen in atypischen und prekären Arbeitsverhältnissen, meist dazu in chronisch unterfinanzierten Branchen wie z.B. der Pflege. Frauen mit Migrationsgeschichte weisen im Vergleich zu ihren herkunftsdeutschen Zeitgenossinnen jedoch einen noch niedrigeren Lohn auf, sind im Durchschnitt häufiger in schlechter bezahlten, oftmals prekären und befristeten Anstellungen anzutreffen. Ein überproportionaler Teil der Frauen mit Migrationsbiographie etwa in sog. „Sackgassenjobs“, in haushaltsnahen Dienstleistungen wie z.B. im Reinigungsdienst ohne Perspektive auf Aufstiegsmöglichkeiten oder Chance, ihr Einkommen zu steigern. Woran liegt das?
Eben an der doppelten Benachteiligung, denen migrantische Arbeitnehmerinnen in der Arbeitswelt ausgesetzt sind. Markovsky spricht hier von einer Mehrfachdiskriminierung, in den Wissenschaften gebraucht man den Begriff der „Intersektionalität“, um dieses Phänomen zu beschreiben. Das bedeutet: Die sexistischen und rassistischen Diskriminierungformen beziehen sich nicht einfach so nebeneinander auf die jeweilige soziale Kategorie „Frau“ und „(weiblicher) Migrant“, sondern stehen in einer engen Wechselwirkung miteinander, überschneiden, bestärken sich gegenseitig und schaffen eine ganze eigenständige Form der Benachteiligung.
Bei geflüchteten Frauen sind Aussagen hinsichtlich der Arbeitsmarktintegration noch schwerlich zu treffen, da die Datenlage und die Menge der Erhebungen aus zeitlichen Gründen bis jetzt noch relativ lückenhaft ausfallen. Doch erste Ergebnisse zeigen, dass bei geflüchteten Frauen eine hohe Arbeitsabsichts- und Weiterbildungsmotivation bestehen. Eine Motivation, die in krassen Missverhältnis zu Arbeitsverbotsregelungen in der rigiden Asylgesetzgebung stehen.
Die Mehrfachdiskriminierung, aber auch die Bewertung weiblicher Arbeit ist ein grundlegend strukturelles Problem, das langfristig nur durch eine gesellschaftliche und politische Lösung angegangen werden kann. Strategien für mehr Gleichbehandlung können in Quotenregelungen, erhöhter Entgelttransparenz, einem familienfreundlichen Betriebsklima und einem gesellschaftlichen Bewusstseinswandel hinsichtlich der geschlechtsanhängigen Hierachisierung von Arbeitsleistung liegen.