Hotel California‘ – das sei für ihn ein Ort der Leichtigkeit und Sorglosigkeit, ein Ort, an dem Träume wahr werden, so Meisam Ameni Mitwirkender des gleichnamigen Films. Doch die Realität schreibt eine andere Geschichte: Ein Hotel umfunktioniert zur Flüchtlingsunterkunft mitten im deutschen Nirgendwo. Junge Männer aus verschiedenen Teilen der Welt werden hier in Angst vor drohender Abschiebung regelrecht verwahrt, warten darauf, in Deutschland Bleiberecht zu erhalten und darauf, dass endlich das Leben für sie anfängt. Gleichzeitig sehen sie sich mit einer gleichaltrigen Dorfjugend konfrontiert, die ihnen gegenüber alles andere als aufgeschlossen ist. Ein Ort an dem Träume begraben werden? Dieses Spannungsverhältnis zwischen der positiven Assoziation und der weniger rosigen Realität habe das Team zum Titel ‚Hotel California‘ bewogen, der außerdem mit dem gleichnamigen Song der Eagles in Verbindung stehe. Denn auch dort spiele die Tatsache eine Rolle, dass das im Hotel Erlebte einen nicht mehr loslasse. Dieser Gedanke habe bei der Titelfindung ebenfalls eine Rolle gespielt, da die Erfahrung der Flucht, das Ankommen in Deutschland in den behelfsmäßigen Unterbringungen, die sich tatsächlich häufig in Hotels befinden, einen tiefen Einschnitt im Leben der Menschen bilde, der sie zeitlebens präge, betont die Schauspielerin Linda Verweyen. Sie und Meisam Ameni waren persönlich zur Auftaktveranstaltung der Reihe ‚Welcome Movie‘ ins Goldbekhaus gekommen, um den Zuschauern einen Blick hinter die Kulissen des Projektfilms ‚Hotel California‘, der unter der Regie von Patrick Merz mit „Norddeutschen aus aller Welt“, darunter auch Geflüchtete, zu gewähren. Rund 60 Zuschauer verfolgten den Film aufmerksam und beteiligten sich an der von Suse Hartmann moderierten Gesprächsrunde.

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Filmvorführung

Welcome Movie‘ wird von Suse Hartmann, Kathleen Czech und Sabine Elsner-Petri organisiert und ist vor dem Hintergrund entstanden, dass die Flüchtlingsunterkünfte nicht medial angebunden sind. Das hat zur Folge, dass die Neuankömmlinge im Unterkunftsalltag keinerlei Deutsch hören, was nicht nur für das Hörverständnis der neu zu erlernenden Sprache fatal ist. Man muss sich vorstellen, dass diese Menschen außerhalb ihrer Sprachkurse kaum in Kontakt mit der deutschen Sprache bzw. mit Deutschsprechern kommen. Derweil stoßen sie immer wieder auf Unverständnis von deutschen Muttersprachlern, die sich erstaunt bis entsetzt zeigen, dass Neulinge „immer noch“ kein Deutsch können, obwohl sie doch „schon“ seit einem halben Jahr oder noch länger in Deutschland leben. Reaktionen, die eher frustrieren statt zu motivieren. Sie basieren letztlich auf Unkenntnis der Situation der Geflüchteten und dem komplexen Prozess des Fremdspracherwerbs, der vor allem aktiv stattfinden muss und noch deutlich erschwert wird, wenn die Muttersprache einer völlig anderen Sprachfamilie entstammt, wie es beim Arabischen oder Tigrinya (eine in Eritrea und Äthiopien gesprochene Sprache) der Fall ist: beide Sprachen gehören im Unterschied zur indogermanischen Sprache Deutsch der semitischen Sprachfamilie an.

Deshalb hat es sich die Veranstaltungsreihe ‚Welcome Movie‘ zum Ziel gesetzt, ein Stückchen ‚deutschen Sprachalltag‘ für die neuen Hamburger Bewohner zu schaffen und ferner verschiedene Facetten des deutschen Films und unserer Kultur zu zeigen. Zudem soll der Austausch zwischen Geflüchteten und Alt-Hamburgern gefördert werden.

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Knabbereien und Getränke gab es auch

Dass gleich zum ersten Filmabend 60 Personen erscheinen würden, war keineswegs vorherzusehen, da es oft schwierig ist die Angebote an Interessierte zu adressieren. Umso erfreulicher war es, so viele Menschen in der ‚Bühne zum Hof‘ begrüßen zu können. Die meisten von ihnen waren Geflüchtete unterschiedlichster Nationalitäten aus ganz Hamburg, aber auch ‚Hamburger Nachbarn‘. Obwohl viele der Geflüchteten bis auf einige Worte noch kaum Deutsch sprechen, suchten sie dennoch den Austausch und unterhielten sich in den Pausen und im Anschluss bei Getränken, Knabbereien und Musik in lockerer Atmosphäre angeregt miteinander. Großen Anklang fand darüber hinaus das Informationsmaterial zu den zahlreichen Aktivitäten unserer Initiative, die für Geflüchtete kostenfrei sind. Die vielen Fragen zu diesen Angeboten machten deutlich, dass Interesse bei Geflüchteten besteht, es jedoch effektiv zu sein scheint, sie im Rahmen einer Veranstaltung zu bewerben, die ein persönliches Gespräch ermöglicht. Denn es tauchen viele individuelle Fragen auf, die eine Informationsbroschüre nicht beantworten kann. Auch weil für viele Geflüchtete Freizeitgestaltung unbekanntes Terrain ist. Gerade hier ist es sinnvoll, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass man über solche Aktivitäten Kenntnisse und Kontakte erwirbt, die einen zukünftig durchaus weiterbringen können. Und an Kontakten besteht, das konnte sich zeigen, auf beiden Seiten Interesse. Gegen 21:30 Uhr klang der Abend langsam aus, bedauert wurde von einigen Geflüchteten lediglich, dass der Film so kurz gewesen sei. Das wird sich jedoch schon beim nächsten ‚Welcome Movie‘ am 22. Juni um 19:30 Uhr ändern, wenn von Loriot ‚Pappa ante Portas‘ gezeigt wird. Wir hoffen, dass sich unsere Veranstaltung nach diesem gelungenen Auftakt weiter herumspricht und zahlreiche neue wie bekannte Gesichter anlockt und wir uns auf weitere spannende Abende freuen dürfen.

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Gesprächsrunde